Frauen verdienen durchschnittlich weniger als Männer und haben folglich geringere Rentenansprüche. Sie müssen deshalb privat fürs Alter vorsorgen, um ihren Lebensstandard aufrechterhalten zu können. Der Kapitalmarkt bietet dafür die besten Möglichkeiten.
Im Jahr 2019 war es der 18. März: Der Aktionstag „Equal Pay Day“ markiert jährlich den Tag, bis zu dem Frauen im neuen Jahr noch arbeiten müssten, um auf das Vorjahresgehalt ihrer männlichen Kollegen zu kommen. Dies verdeutlicht einen einfachen Sachverhalt: Frauen verdienen weniger als Männer, sogar oft für die gleiche Arbeit. Dieser sogenannte Gender Pay Gap beträgt je nach Erhebungsmethode bis zu 21 Prozent.1
Aus der Lohnlücke folgt die Rentenlücke
Für Frauen ist die finanzielle Altersvorsorge deshalb besonders wichtig. Denn wer im Berufsleben weniger verdient, steht auch im Ruhestand finanziell schlechter da. Aus dem Gender Pay Gap folgt der Gender Pension Gap – und diese Rentenlücke ist beachtlich: Sie beträgt 26 Prozent. Frauen erhalten von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) also im Schnitt rund ein Viertel weniger Rente als Männer. Bis zum 35. Lebensjahr sind beide Geschlechter bei ihren gesetzlichen Rentenansprüchen noch gleichauf. Danach öffnet sich die Schere, Männer erwerben jetzt wesentlich mehr Rentenpunkte als Frauen. Im Rentenalter haben sie folglich höhere Bruttorentenansprüche (siehe Grafik 1).
Dies hat oft mit der weiblichen Erwerbsbiographie zu tun: Frauen arbeiten öfter in Teilzeit, pflegen Angehörige oder setzen mehrere Jahre ganz aus, um sich um Kinder zu kümmern. Viele weibliche Angestellte verhandeln zudem weniger hart ums Gehalt als ihre männlichen Kollegen. Deshalb haben auch viele kinderlose Frauen und solche in gutbezahlten Berufen weniger Einkommen und Rente. Dazu kommt die höhere Lebenserwartung von Frauen. „Unterm Strich haben sie so höhere finanzielle Risiken zu tragen als Männer”, sagt Antonia Grohmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Weltwirtschaft am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).
Jeder Frau fehlen im Schnitt 25.000 Euro Rente
Der Staat bemüht sich zwar, die Rente aufzustocken – etwa mit der Mütterrente II, die seit dem 1. Januar 2019 gilt. Die meisten Frauen müssen allerdings privat vorsorgen, wenn sie im Ruhestand unabhängig leben und ihren Lebensstandard halten wollen. Frauen fehlen im Vergleich mit Männern durchschnittlich 25.000 Euro Kapitalstock aus der gesetzlichen Rente, wenn sie mit 67 Jahren in den Ruhestand gehen und noch 15 Jahre Rente beziehen. Das geht aus der Kurzstudie „The Gender Pension Gap in Germany” hervor, die Professorin Alexandra Niessen-Ruenzi von der Universität Mannheim und Professor Christoph Schneider von der Tilburg University im Auftrag von Fidelity International erstellt haben. Die Studie quantifiziert den Gender Pension Gap und gibt Aufschluss darüber, wie viel Frauen sparen müssen, um die Rentenlücke zu schließen.
Die beste Option für die private Altersvorsorge von Frauen bietet der Kapitalmarkt. Hier sind die Renditechancen besonders hoch. Zudem gibt es Anlageprodukte, mit denen sich auch kleine Beträge regelmäßig und breit gestreut anlegen lassen – zum Beispiel Fondssparpläne, die auch digital verwaltet werden können. Insbesondere bei einem längeren Anlagezeitraum ab fünf Jahren kann sich das investierte Kapital signifikant vermehren. Wie hoch die monatliche Sparrate sein sollte, hängt davon ab, in welchem Alter eine Frau anfängt, Geld am Kapitalmarkt anzulegen. Eine 35-Jährige müsste beispielsweise bei einem geplanten Renteneintrittsalter von 67 Jahren jeden Monat nur 64 Euro investieren, um die Rentenlücke 15 Jahre lang zu schließen – wenn sie in einen Mischfonds mit einer erwarteten Rendite von drei Prozent pro Jahr investiert.2
Frauen halten die Börse für riskant
Bislang scheuen viele Anlegerinnen die Börse jedoch – weil sie meinen, Geldanlage in Aktien und Wertpapieren sei nur etwas für Experten oder weil sie sicherheitsorientierter denken als Männer. Nur 15 Prozent aller deutschen Frauen investieren überhaupt in Wertpapiere, zeigt eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) aus dem Jahr 2018. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Je älter Frauen sind und je weniger sie verdienen, desto risikoscheuer agieren sie in finanziellen Dingen.3
Umso wichtiger ist es, Frauen umfassend über die Chancen, Risiken und vor allem die Möglichkeiten des Kapitalmarkts zu informieren. Finanzberater müssen keine geschlechtsspezifische Beratung bieten, sondern sollten vorgehen wie immer: Interessen, Anlageziele und Lebenssituation des Kunden beziehungsweise der Kundin berücksichtigen und daraufhin ein Portfolio zusammenstellen, das zur Risikobereitschaft passt.
Zwei Geschlechter, ein Ziel
Die Anlageziele von Frauen unterscheiden sich grundsätzlich nämlich nicht von denen vieler männlicher Anleger: Sie wollen mit stabilen, regelmäßigen Erträgen ein finanzielles Polster für alle Lebenslagen schaffen. Eine Umfrage von Fidelity International unter 815 Frauen und 407 Männern in Australien zeigt, dass Frauen sich bei der Finanzplanung zudem mehr auf Lebensziele als auf Zahlen und Gewinne konzentrieren. Genügend Geld zu haben, um für die Familie zu sorgen, die Hypothek zu bezahlen und im Alter einen bestimmten Lebensstil aufrechtzuerhalten, wurde von den weiblichen Befragten als oberste Prioritäten genannt.
Ab 35 öffnet sich die Rentenschere
Quelle: Niessen-Ruenz/Schneider (2019), "The Gender Pension Gap in Germany"
Warum Frauen am Kapitalmarkt loslegen sollten: drei gute Argumente
1. Langfristig hohe Renditechancen
Am Kapitalmarkt können Anlegerinnen ihr Geld für sich arbeiten lassen. Investments bieten langfristig betrachtet deutlich höhere Renditechancen als Spar- oder Tagesgeldkonten.
Tagesgeld- und Sparkonten bieten derzeit nur minimale Zinsen, die oft nicht einmal den Kaufkraftverlust abdecken. Über die Jahre wird das Vermögen hier also weniger statt mehr. Lohnenswerte Renditechancen, die dies verhindern, sind langfristig nur am Kapitalmarkt zu erzielen.
2. Je eher, desto besser
Es lohnt sich, früh mit dem Investieren anzufangen: Wer schon in jungen Jahren an die private Rente denkt, muss von seinem Gehalt über die Zeit nur einen relativ kleinen Betrag zur Seite legen, um im Alter die Rentenlücke zu schließen. Je später man beginnt, desto höher wird der monatliche Investitionsbetrag.
3. So einfach wie simpel
Am Kapitalmarkt mitzumischen, ist nicht kompliziert – und erfordert kein riesiges Vermögen. In Produkte wie Fondssparpläne lässt sich schon mit kleinen monatlichen Beträgen investieren. Digitale Anlagelösungen bieten außerdem eine hohe Flexibilität und lassen sich an die jeweilige Lebenssituation anpassen.
Quellen
1 Der Gender Pay Gap bezeichnet den prozentualen Unterschied zwischen dem durchschnittlichen Brutto-Stundenlohn angestellter Männer und Frauen. Er lässt sich auf unterschiedliche Weise berechnen. Bleiben Beschäftigungsumfang, unterschiedliche Branchen und Berufsgruppen sowie Ausbildung, Berufserfahrung und Position des jeweiligen Angestellten unberücksichtigt, ist vom unbereinigten GPG die Rede. Dieser liegt in Deutschland bei 21 Prozent. Um den bereinigten GPG zu ermitteln, wird der Teil des Verdienstes herausgerechnet, der auf strukturelle Unterschiede bei Berufswahl, Berufserfahrung, Beschäftigungsumfang und Bildungsstand oder auf den geringeren Anteil von Frauen in Führungspositionen zurückzuführen ist. Dieser bereinigte GPG fällt deutlich niedriger aus als der unbereinigte: er liegt hierzulande bei sechs Prozent.
2 Fidelity-Whitepaper zu Frauen und Finanzen; Seite 19
3 http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/div/ZEW_FrauenAnlageverhalten2018.pdf
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