Der Markt für private Kredite von Finanzdienstleistern außerhalb des Bankensystems wächst rasant, auch als Anlageklasse verzeichnet Private Credit enorme Zuflüsse. Nun sorgt das erhöhte Zinsniveau für Herausforderungen.
Es ist mehr als 15 Jahre her, dass die großzügige Vergabe besonders risikoreicher Kredite zu einer Welle von Zahlungsausfällen und schließlich zur sogenannten Großen Finanzkrise führte. 2008 folgte eine weltweite Rezession. Die Politik erließ daraufhin eine Reihe von Gesetzen, um die Banken stärker zu überwachen. Der Regulierungsschub verschärfte nicht nur die Kreditvergabestandards, einige Banken zogen sich auch aus dem Firmenkreditgeschäft zurück.
Inzwischen leihen sich viele Unternehmen ihr Kapital von Finanzinstituten außerhalb des Bankensystems. Die neuen privaten Kreditgeber erfüllen ähnliche Funktionen wie traditionelle Banken, unterliegen aber nicht denselben regulatorischen Standards und Aufsichtsmechanismen. Dazu gehören Hedgefonds, Private-Equity-Firmen und Kreditfonds.
Unter Anlegerinnen und Anlegern lockt der private Kreditmarkt als wachstumsstarke Anlageklasse mit hohem Renditepotenzial. Laut einer Studie von Morgan Stanley erhöhte sich das Anlagevolumen in diesem Sektor von 875 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020 auf 1,4 Billionen US-Dollar im Jahr 20231.
Höhere Zinsen fordern Tribut
Mit dem rasanten Wachstum in einem komplexen Marktsegment nehmen auch die Warnungen vor neuen Risiken zu. Colm Kelleher, Präsident des Verwaltungsrates der Schweizer Großbank UBS, äußerte jüngst bei einer Rede auf dem Financial Times Global Banking Summit in London Bedenken1. Er betonte, dass der Markt inzwischen aufgebläht und damit krisenanfällig geworden sei.
Tatsächlich dürfte die Anlageklasse in diesem Jahr vor einigen Herausforderungen2 stehen. Für das laufende Quartal scheint der Private-Credit-Markt zwar noch gut aufgestellt3 zu sein, doch wird das erhöhte Zinsniveau Unternehmen mit schwächeren Bilanzen auf Dauer zusetzen. Der Grund: Viele haben sich in Zeiten niedriger Kapitalkosten zu variablen Zinssätzen verschuldet – zu Bedingungen, die in einer Ära lockerer Geldpolitik festgelegt wurden. Mit steigender Schulden- und Zinslast dürften auch die Zahlungsausfälle zunehmen. Zudem werden die Kreditkonditionen deutlich unattraktiver, sobald die Phase der Refinanzierung beginnt.
Die Geldgeber sollten sich auf Veränderungen einstellen. Mit steigenden Zahlungsausfällen von Unternehmen steigt das Risiko von Verlusten in den Kreditfonds. In der Vergangenheit erzielten Investorinnen und Investoren hier oft besonders hohe Renditen. Wenn höhere Zinsen und gestiegene Finanzierungskosten sich in den Unternehmensgewinnen niederschlagen, rücken Bonitätsfragen stärker in den Mittelpunkt.
Fazit
Das einstige Nischensegment Private Credit hat sich inzwischen zu einer komplexen Anlageklasse entwickelt. Die größten Wachstumssprünge erlebte der Markt, als die Zinsen niedrig waren und Kapital großzügig zur Verfügung stand. Mit der geldpolitischen Straffung steht nun die erste große Belastungsprobe bevor. Im erhöhten Zinsumfeld dürfte die Kreditvergabe selektiver erfolgen, Fremdkapital kaum mehr ohne sorgfältige Bonitätsanalyse vergeben werden. Für Investorinnen und Investoren wird aktives Risikomanagement einmal mehr zum Gebot der Stunde.
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