Die Coronakrise hat eine Situation geschaffen, in der alte Regeln nicht mehr gelten. Das offenbart sich nirgends so deutlich wie mit Blick auf die Staatshaushalte. Die durch die Pandemie bedingte Wirtschaftskrise hat dazu geführt, dass sich sogar die Bundesrepublik vom Dogma der schwarzen Null verabschiedet hat. Noch verspricht Bundesfinanzminister Olaf Scholz zwar, alsbald zu einem ausgeglichenen Haushalt zurückkehren zu wollen. Ob und wann dies der Fall sein wird, ist aber offen. Und eine nennenswerte Schuldentilgung steht gar nicht zur Debatte.

Deutschland bildet damit keine Ausnahme. Rund um den Globus haben Regierungen ihre Staatsausgaben hochgefahren, um wirtschaftliche und humanitäre Härten der Pandemie zu begrenzen. Rückenwind erhielten sie von Notenbanken, deren Zinspolitik das Schuldenmachen zum Nulltarif ermöglichte und weiter ermöglicht. Jerome Powell, Chef der US-Zentralbank Federal Reserve, kündigte bereits an, die Geldschleusen bis auf Weiteres offenhalten zu wollen. Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Das legt die Frage nahe, wie lange die Staaten ihre Dauerschuldverhältnisse noch aufrechterhalten wollen und können. Und was geschieht eigentlich, wenn Staaten sich dazu entschließen, ihre Verbindlichkeiten überhaupt nur noch mit neuen Schulden zu bedienen? Also Schulden gar nicht mehr abzubauen?

Nun, verhalten sich Staaten wie andere Schuldner auch, dann führt eine Weigerung zur Tilgung irgendwann unweigerlich in die Insolvenz. Dann würde wohl ein Schuldenschnitt folgen, die Gläubiger müssten ihre Kredite also mindestens teilweise abschreiben. Eine solch radikaler Schritt würde allerdings über Umverteilungseffekte zu starken Verwerfungen bei der Vermögensverteilung führen. Am Ende wäre das für keine Partei eine zufriedenstellende Lösung.

Negative Realzinsen trotz Inflation

Wahrscheinlicher ist, dass die De-facto-Entschuldung der Regierungen langsam, aber sicher auf einem anderen Weg geschieht: Über Inflation. Steigt die Teuerung, legen nicht nur die Preise zu, auch das Bruttoinlandsprodukt fällt nominal höher aus. Das lässt die Schuldenquote auf dem Papier sinken. Hinzu kommen steigende Steuereinnahmen, wenn sich das nominale Durchschnittseinkommen erhöht.

Einen ersten Vorgeschmack auf das, was da kommen kann, bieten die jüngsten Inflationszahlen. In den USA zog die Teuerung im April auf 4,2 Prozent an. In Deutschland knackte die Inflation nach langer Zeit wieder die Zwei-Prozent-Marke. Die Notenbanken sprechen zwar von Ausreißern infolge der Corona-Lockerungen. Doch neben kurzfristigen Nachfrageeffekten spielen auch Angebotsveränderungen mit in die Preisentwicklung hinein, die deutlich langfristiger wirken: Chip-Knappheit, Schneestürme in Texas, der demographische Wandel. Gut möglich, dass zwei Prozent Inflation erst der Anfang gewesen sind und wir in Zukunft noch höhere Zahlen sehen werden.

Das muss nichts Schlechtes bedeuten. Denn mit der Inflation steigen normalerweise auch die Zinsen, da Investoren von Regierungen einen Ausgleich für die Geldentwertung fordern. Doch spätestens seit Ausbruch der Coronakrise ist klar, dass die Realzinsen auf absehbare Zeit negativ bleiben könnten. Dann wäre die Inflation zum Nachteil aller Sparer, deren Vermögen sie schleichend aufzehrt.

Den Staaten könnte dieses Szenario helfen, ihre Schuldenlast ohne Enteignung der Gläubiger zu drücken. Vom Sockelbetrag ihrer Nominalschulden kommen sie aber trotzdem kaum herunter.

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Unternehmensschulden in der Coronakrise. Schulden sind per se nichts Schlechtes. Im Gegenteil: Ein gewisser Verschuldungsgrad erweist sich für Unternehmen als vorteilhaft, weil Fremdkapital stets günstiger ist als Eigenkapital, so dass die Gesamtkapitalrentabilität durch höhere Verschuldung steigt. Kreditfinanzierte Investitionen sind also günstiger als solche, für die Unternehmen teures Eigenkapital einsetzen müssen. Von diesem Leverage-Effekt profitieren vor allem die Eigenkapitalgeber. Mehr erfahren

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