Viele Investorinnen und Investoren versuchen, ihre Portfolios auf den politischen Kurs nach der Präsidentschaftswahl in den USA auszurichten. Diese Strategie birgt Risiken und eröffnet oft nur kurzfristige Chancen. Welche Sektoren dabei im Fokus stehen könnten.

Der US-Präsidentschaftswahlkampf erreichte mit dem Fernsehduell zwischen Donald Trump und Kamala Harris im September einen ersten Höhepunkt. Die Debatte hat auch die Finanzmärkte in Bewegung gebracht. Folgt man den unmittelbaren Kapitalströmen, dann zeichnet sich an den US-Börsen eine erste Tendenz ab: Investorinnen und Investoren setzten zuletzt verstärkt auf Sektoren, die von einer Harris-Präsidentschaft eher profitieren dürften.¹  

Zu den Gewinnern zählten beispielsweise Aktien von Solarunternehmen. Der Photovoltaik-Modulhersteller First Solar etwa erlebte eine zweistellige Rally.² Auch breit gefasste Themen-ETFs verzeichneten Zuflüsse: Erneuerbare Energien gelten als ein Steckenpferd der demokratischen Partei. Zuletzt wurden sie bereits durch den Inflation Reduction Act in Milliardenhöhe gefördert.

Trump hingegen gilt als Fürsprecher der Old Economy: Die Förderung fossiler Rohstoffe und die heimische Schwer- und Automobilindustrie, die er durch eine protektionistische Handelspolitik stärken will, stehen ihm deutlich näher. Im Wahlkampf kündigte er zudem an, die USA als Bitcoin-Supermacht zu etablieren. Damit trieb er den Bitcoin-Kurs zwischenzeitlich auf 70.000 US-Dollar nach oben.³ Nach der TV-Debatte brachen die Krypto-Werte kurzzeitig ein. Viele Ökonominnen und Ökonomen deuteten dies als Rückabwicklung größerer Trump-Trades.

Politische Börsen haben kurze Beine

In der Finanzwelt spricht man von Baskets, wenn Anlegerinnen und Anleger die Auswahl der Assets und Sektoren in ihren Portfolios zum Beispiel nach der vermuteten politischen Agenda einer kandidierenden Person oder nach anderen Kriterien strukturieren. Eine solche Anlagestrategie birgt Risiken. Denn die Erfolgsaussichten hängen entscheidend davon ab, ob die Erwartungen tatsächlich eintreten. Dabei sind kurzfristige Überraschungen immer möglich.

Wie schnell sich das Blatt im Wahlkampf wenden kann, zeigt auch eine Analyse der Bank of America aus den vergangenen Monaten. Während Bidens Umfragewerte nach dem schwachen ersten TV-Duell dramatisch einbrachen, stieg der Wert des Trump-Baskets. Als dann Kamala Harris als Kandidatin nachrückte, zog das Harris-Portfolio davon. Das gescheiterte Attentat auf den Ex-Präsidenten begünstigte wiederum Trump-Trades. Konsequenz: Wer Anlageentscheidungen vom Wahlkampflärm abhängig macht, muss eine hohe Volatilität in Kauf nehmen. Zudem besteht natürlich das Risiko, am Ende auf die falsche kandidierende Person gesetzt zu haben.

Aber selbst wenn sich die Person durchsetzt, auf deren Sieg man spekuliert, ist dies noch kein Garant für eine gute Wertentwicklung des entsprechenden Portfolios. Ob einzelne Sektoren unter einer bestimmten Präsidentschaft boomen, hängt von vielen verschiedenen Faktoren an. Auch die Zusammensetzung des US-Kongresses beeinflusst die Entscheidungsmacht der Präsidentin oder des Präsidenten. Globale Trends und andere Marktkräfte spielen dafür mindestens eine ebenso wichtige Rolle – und womöglich kann man sich in der Politik auch nicht dem Sog einer solchen Entwicklung entziehen. So hat etwa die aufkeimende ESG-Bewegung dafür gesorgt, dass Erneuerbare Energien ausgerechnet unter Trump florierten. Bidens klimafreundliche Haltung wiederum konnte nicht verhindern, dass Ölkonzerne aufgrund der krisenbedingten Energieengpässe zu den Überperformern zählten. Selbst perfekte Prognosefähigkeiten wären also keine Garantie für die richtige Positionierung an den Finanzmärkten. 

Fazit

Im November wird über die neue US-Präsidentschaft entschieden. Viele Anlegerinnen und Anleger „wählen“ bereits jetzt mit ihren Portfolios. Doch gehen sie damit eine riskante Wette ein. Politische Börsen eröffnen allenfalls kurzfristige Chancen, nachhaltiger Anlageerfolg aber erfordert einen breiteren Blick auf die Märkte. Dazu gehören vor allem die wirtschaftlichen Fundamentaldaten, das makroökonomische Umfeld und die künftige Geldpolitik. Wahlen sind dabei nicht der entscheidende Faktor.

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