Viele Fachbegriffe beschäftigen uns in der aktuellen Zeit: Inflation, Stagnation, Stagflation, Rezession… Was bedeuten sie eigentlich? Und präzisieren sie wirklich, in welches wirtschaftliche Szenario wir womöglich hineinlaufen und was uns erwartet?
Was ist Stagflation?
Ökonomen sprechen von einer Stagflation, wenn zwei Dinge zusammenkommen:
1. Stagnation: Also ein signifikant verlangsamtes Wirtschaftswachstum von Null oder nahe Null.
2. Inflation: Ein Preisanstieg oder eine Geldentwertung gegenüber dem Vorjahr – über dem Stabilitätsziel von 2 %.
Aber wie entsteht eigentlich Stagflation?
Dass eine Inflation da ist, kann jeder spüren, der im Supermarkt einkauft, sein Auto tankt oder auf seine Energierechnung schaut. Zwar sind wir noch meilenweit entfernt von einer Hyperinflation wie in den 1920er-Jahren, aber doch deutlich über dem Stabilitätsziel unserer Währungshüter von 2 %. Im Mai 2022 hatte die Inflation in Deutschland nach den beiden Weltkriegen mit einem Wert von 7,9 % ihren bisherigen Höhepunkt erreicht.
Inflation in Deutschland 2021/2022
Quelle: Statistisches Bundesamt Juli 2022
Eine ähnliche Ausgangslage – steigende Inflationsraten, ein Krieg, hohe Ölpreise und die schwelende Gefahr einer Stagflation – gab es in den 1970er Jahren. Damals stürzte eine Lohn-Preis-Spirale und permanentes Ansteigen der Energiepreise die deutsche Wirtschaft in die Rezession.
Inflation in Deutschland von 1950 bis 2021
Quelle: Statistisches Bundesamt Januar 2021
Üblicherweise entsteht Inflation als Folge eines Wirtschaftsbooms. Wenn die Nachfrage an Waren und Dienstleistungen das Angebot übersteigt, klettern die Preise. In wirtschaftlichen Schwächephasen passiert das Gegenteil: Die Konsumlust schwindet, es ist weniger Geld im Umlauf, und die Preise sinken.
Eine Stagflation widerspricht dieser Logik. Sie entsteht daher auch nicht wegen veränderter Nachfrage, sondern auf der Angebotsseite. Genau das erleben wir gerade in doppeltem Ausmaß: Zunächst hat die Pandemie Produktions- und Lieferketten beschädigt. Und nun schrumpft durch den Krieg und die Sanktionen das Angebot an Öl, Gas, Kohle und landwirtschaftlichen Gütern, so dass die Preise stark steigen.
Es droht eine Abwärtsspirale aus schrumpfender Nachfrage, rückläufiger Produktion, steigender Arbeitslosigkeit, einer Kreditklemme bei Unternehmen und vielem mehr. Für Notenbanken ist so ein Szenario schwer in den Griff zu bekommen, denn was immer sie in dieser Situation tun, kann sich als geldpolitischer Irrtum erweisen.
In Kombination mit Rezession?
Entwickelt sich eine Wachstumsschwäche zu einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung, spricht man von Rezession. Diese wirtschaftliche Zuspitzung droht uns, sollte sich das Angebot in den kommenden Wochen noch weiter verknappen. Zum Beispiel, wenn die Staatengemeinschaft noch weitreichendere Sanktionen beschließt und kein Öl, Gas und Kohle mehr aus Russland kauft oder erhält. In Kombination mit einer hohen Inflation wäre dies eine Steigerung der Stagflation, auch historisch noch ohne Vorbild. Selbst ein Name dafür existiert bisher noch nicht.